„Feuer an der Ruhr“ - Ein (subjektiver) Filmbericht
von Johannes Lührs
Völlig überstresst kam ich am 25.10.2012 am
Kino Endstation an. Ich dachte, wenn ich einen Film sehen muss, dann
diesen Film. „Feuer an der Ruhr“. Ich Feuerkünstler. Ich
Feuerpädagoge. Ich seit 8 Jahren Ruhrgebiet. Herr Hofmann von der
Kinemathek machte den Film in einer Vorrede schmackhaft: Er sei der
Versuch der „ultimativen Selbstdarstellung des Ruhrgebiets“ zu
dieser Zeit gewesen (1954). Eine Art Imagefilm für das Ruhrgebiet in
Kinoformat. Mehrere Drehbuchautoren hätten in der Entstehungszeit
das Handtuch ob der vielfältigen Ansprüche der Industrie
geschmissen. 500 000 DM habe der Film damals gekostet. Ich war
gespannt...
Pompöse Musik. Dazu der in roten
Lettern gestaltete, in das Bild hineinbrechende Schriftzug: Feuer in
der Ruhr. Kaboom. Die Kamera fährt auf dampfenden Eisenbahnen mit
und zeigt gewaltige, nimmerendende Industrieflächen und
hochhaushohe, stadionformatmessenende Stahlkolosse. Die Bildergewalt
imponiert schon auf den ersten Metern dieses Films. Etwas bitter der
Beigeschmack, weil man im vorhinein erfahren hat, das die Filmfirma
Olympia Film, die den Film produziert hat, einst in den Händen von
Leni Riefenstahl lag.
„Die Stunde der Kohle hatte geschlagen“
so der O-ton des Sprechers und weiter
„Sie veränderte das alte Gesicht der Erde mit einem Schlag“.
Während dieser Worte fährt ein paar Meter vom Kino entfernt ein Zug
vorbei, so dass es einen authentisch durchschüttelt. Im nächsten
Moment sieht man einen hochkonzentrierten Kumpel dabei zu, wie er
einige andere Kumpels mit Hilfe eines Schachtaufzuges 700 Meter tief
in die Erde hineinpresst. Dort unten hämmern verkohlte Jungs mit
Schlaghämmern ohne Schutzausrüstung und mit nacktem Oberkörper die
Kohle aus dem Flöz.
so der O-Ton einige Minuten später und man kann den gleißenden Moment der Transformation von Steinkohle in Koks beobachten, wobei gigantische Massen glühenden Gesteins in einem riesigen Wagen fallen und danach in einer Wasserdusche, so groß wie ein Flugzeughangar, abgekühlt werden. Eine halbe Stunde später steht ein ein Abstich an. Männer stehen nur wenige Meter entfernt von dem (sich durch die Kinoleinwand brennenden) flüssigen Stahl. Riesige Quader werden daraus gegossen. Noch glühend werden sie durch gigantische Pressmaschinen in die gewünschten Form gebracht. Ein Kumpel steht lässig rauchend daneben, während die Funken nur so durch die Gegend stäuben. Hach, was ein Feuerfest!
„Aus der Kohle wurde unsere Welt“
so der O-Ton einige Minuten später und man kann den gleißenden Moment der Transformation von Steinkohle in Koks beobachten, wobei gigantische Massen glühenden Gesteins in einem riesigen Wagen fallen und danach in einer Wasserdusche, so groß wie ein Flugzeughangar, abgekühlt werden. Eine halbe Stunde später steht ein ein Abstich an. Männer stehen nur wenige Meter entfernt von dem (sich durch die Kinoleinwand brennenden) flüssigen Stahl. Riesige Quader werden daraus gegossen. Noch glühend werden sie durch gigantische Pressmaschinen in die gewünschten Form gebracht. Ein Kumpel steht lässig rauchend daneben, während die Funken nur so durch die Gegend stäuben. Hach, was ein Feuerfest!
„Nach der Schicht beginnt die nächste Schicht, so ist das überall an den Ruhrstätten.“
….erklingt nüchtern der nächste
Kommentar und ich erspare mir an dieser Stelle die weitere Wiedergabe
des erlebnisreichen Films, der mit einer spannenden Kumpelrettung zum
Ende hin fast zum Spielfilm wird.
Mit nach Hause nehme ich diejenigen
Impressionen, die mir bisher immer gefehlt hatten: Endlich habe ich
diese monströsen Stahlteile, die hier überall im Ruhrgebiet
rumstehen, in Aktion erlebt. Die eindrucksvollen Bilder des
tatsächlichen Gebrauchs machen mich emotional und als NeuRuhrBürger
um einiges reicher. Der Hochofen ist nun nicht mehr nur ein mehr oder
weniger schön anzusehendes Ding in der Landschaft, sondern
transportiert nun für mich ein Stück Identitätsgeschichte des
Ruhrgebiets. Ich kriege so langsam ein Gefühl dafür was das
Ruhrgebiet eigentlich aus(ge)macht (hat) und wie es gelebt und vor
alle WOFÜR es gelebt hat. Das ist ein gutes Gefühl. Von den
negativen Folgen der Industrie ist oft genug die Rede. Eine Frage
jedoch taucht auf. Eine Frage die seit Jahrzehnten die Städteplaner
hier beschäftigt. Was kann das Feuer von damals ersetzen? Für mich
selber liegt DIE Lösung nah, die auch in einer größeren Dimension
im Kulturhaupstadtsjahr ausprobiert wurde und die ich einfach mal mit
dem schönen Wort „Weiterfeuern“ betiteln möchte. Das Feuer muss
weiter angefacht werden! Feuer ist heiß, Feuer erwärmt die Seele
und ist zugleich Sinnbild für den notwendigen Wandel der Region. Ich
für meinen Teil werde also Weiterzündeln und Menschenhintern
erwärmen. Politik und Verwaltung sollte auch im übertragenden Sinne
das „Weiterfeuern“ ermöglichen.
So wird meiner Ansicht nach ein Schuh
daraus. Oder eben ein Feuer. Ein großes Knisterndes, wo viele
Menschen gerne drum sitzen und sich auch sonst gerne aufhalten und
unterhalten.
Mein Fazit:
Dieser Film ist ein Muss für alle, die im Ruhrgebiet leben und heutzutage nur noch die Industriebrachen kennen. Ein Muss für alle, die das Feuer in all seiner Ambivalenz schätzen und lieben. Ein Muss für alle, die den Wandel in dieser Region verstehen und gestalten wollen!
The Fire must go on!
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ÜBER DEN AUTORJohannes Lührs, geb. 1984 in Hannover, hat es 2004 zu Studieren ins Ruhrgebiet gezogen. Seit 2005 beschäftigt er sich intensiv mit dem Feuer in künstlerischer Praxis (Künstlerischer Leiter der Evil Flames Fire Company) und Wissenschaft und ist zudem Mitbegründer des Feuerpädagogik e.V., der der die zunehmend Entfremdung des Menschen vom Feuer zum Thema macht und gegen sie ankämpft. Wie man am Text merkt, liebt er das Feuer und die Kraft, die in ihm steckt.