Wie gefährlich ist Feuerspucken?


Betrachtungen aus der medizinisch-wissenschaftlichen Sicht und quantitative Umfrage in der Feuerspucker-Community _Jana Zimmermann

Feuerspucken bezeichnet das Spucken oder Pusten von Brandmittel durch eine Flamme, so dass eine größere Stichflamme entsteht. Wichtig ist dabei, dass das Brandmittel sehr fein verteilt wird. Bei flüssigen Brandmitteln (Fluids), z.B. gereinigtem Petroleum, wird mit dem Mund ein feiner Sprühnebel erzeugt, der sich durch die bessere Verfügbarkeit des Sauerstoffs aus der Luft schnell entzündet. Einen ähnlichen Effekt erhält man durch das Spucken mit sehr feinem Pulver wie z.B. Mehl oder Bärlappsporen (Lycopodium clavatum). Letzteres enthält im Gegensatz zu Mehl ätherische Öle, die die Flamme zusätzlich verstärken.
Eine weitere Möglichkeit ist das Spucken mit sogenannten Drachenzungen. Dabei wird Pulver (meist Lycopodium) in ein zylindrisches Metallröhrchen gefüllt, welches an einem Ende geschlossen ist. Nahe dem geschlossenen Ende befindet sich auf der „Mantelseite“ des Zylinders ein kleines Loch durch welches man das Pulver aus dem Röhrchen hinauspusten kann. Das Pulver gelangt dabei idealerweise nicht in den Mund.
Aus medizinischer Sicht macht es einen großen Unterschied, ob man mit Flüssigkeiten auf Mineralölbasis oder mit einem pflanzlichen staubartigen Mittel in Kontakt kommt, daher war es unser Anliegen, Fluids und staubartige Substanzen getrennt zu betrachten.

Spucken mit flüssigen Brandmitteln (Fluids)

Die meisten Feuerspucker verwenden hochgereinigtes Fluid auf Mineralölbasis (sogenanntes Pyrofluid) welches im Gegensatz zu im Handel erhältlichem Lampenöl geschmacks- und geruchsneutral ist und einen Flammpunkt von ca. 78°C hat. Eine Umfrage in der Feuerspucker-Community ergab, dass 64% der Feuerspucker Pyrofluid verwenden und 34% Lampenöl aus Geschäften des täglichen Bedarfs (Mehrfachnennung war möglich).
Beim Spucken mit Flüssigkeiten, die einen deutlich niedrigeren Flammpunkt aufweisen (z.B. Alkohol: Flammpunkt = 13°C), besteht die Gefahr, dass die Flamme „zurückschlägt“ und es zu Verbrennungen an Gesichtshaut und Mund kommt.
Die chemisch-physikalischen Eigenschaften von Lampenöl und Pyrofluid sorgen dafür, dass sich das Öl auf den Flüssigkeitsfilm der Schleimhäute legt und sich dort schnell verteilt. Durch die geringe Viskosität und Oberflächenspannung des Öls kann dieses relativ leicht den Kehlkopfdeckel „unterkriechen“ und in die Lunge verschluckt werden. Dies kann schon passieren, wenn man kleine Mengen Fluid in den Magen herunterschluckt oder den Mund nach dem Spucken nicht ausreichend ausspült.
In der Lunge kann sich das Fluid bis in die kleinsten Verzweigungen ausbreiten und in den Lungenbläschen dafür sorgen, dass kein Sauerstoff mehr aufgenommen werden kann. Es kommt zu Atemnot und im schlimmsten Fall zum Ersticken. Die direkte schädigende Wirkung der Fluids auf das Gewebe sorgt für eine Aktivierung des Immunsystems und es kommt zu einer sogenannten chemischen Lungenentzündung (chemische Pneumonitis oder auch Hydrocarbon/Lipid-Pneumonitis). Diese äußert sich durch Husten, Brustschmerzen, Atemnot, Fieber und Abgeschlagenheit. Der Befund wird im medizinischen Bereich auch als Feuerspuckerlunge oder Englisch „Fire-eaters-lung“ (FEL) bezeichnet. Bei der FEL sind die Abwehrmechanismen gegen Bakterien in der Lunge durch diese erste immunologische „Überreaktion“ und auch durch die direkte schädigende Wirkung des Fluids gestört. Dadurch besteht die Gefahr einer sekundären bakteriellen Lungenentzündung (Pneumonie), die unter Umständen zu weiteren Schäden am Lungengewebe führt und mit Antibiotika behandelt werden muss.
Die meisten Erkenntnisse über die Auswirkungen von verschluckten Mineralölderivaten hat man durch Unfälle, bei denen Kinder meist Lampenöl verschluckt haben. Dabei kam es im Zeitraum von 1990 bis 2006 zu 5 belegten Todesfällen in Deutschland (Hahn et al. 2006). Insgesamt wurden 89 Vergiftungsfälle mit flüssigen Brennstoffen aufgelistet, davon 43 bei Kindern und 45 bei Erwachsenen. Die Vergiftungen bei Kindern waren ausschließlich durch Verschlucken von Lampenöl zustande gekommen, während Erwachsene andere Brennmittel (z.B. Benzin, Brennspiritus) verschluckt oder eingeatmet haben. Ein Zusammenhang mit Feuerspucken wurde hier nicht erwähnt.
Schaut man in die medizinische Fachliteratur, finden sich zahlreiche Einzelfallbeschreibungen von Feuerspuckunfällen mit Fluids (z.B. Załęska et al. 2016), aber nur wenige Übersichtsartikel die mehr als einen Fall miteinbeziehen. Der Übersichtsartikel mit der größten Anzahl an Feuerspuckunfällen ist eine retrospektive Analyse aus dem Jahr 2013 und fasst 123 beschriebene Fälle der „Fire-Eaters-Lung“ (FEL) zusammen. Die Fälle wurden zwischen 1995 und 2012 an die Schweizer Giftzentrale (ToxInfo Suisse) weitergeleitet (Franzen et al. 2014). Die meisten Unfallpatienten waren männlich (83.7%), im Schnitt 21.9 Jahre und wurden durchschnittlich nach 23.6 Stunden beim Arzt oder in der Klinik vorstellig. Als Unfall-„Mechanismus“ haben die meisten Verschlucken (68.3%) und/oder Einatmen (39.8%) angegeben (22.8% gaben beides an). Im klinischen Bild (Röntgenbild, Computer-Tomographie) sieht die Lungenentzündung bei einer FEL einer bakteriellen Lungenentzündung sehr ähnlich und kann bei der Diagnose leicht verwechselt werden. Ein Fazit des Fachartikels von Franzen et al. war, dass eine vorbeugende Gabe von Antibiotika nur bei sehr schweren Fällen einer FEL zu empfehlen ist, da es nur in seltenen Fällen zu einer weiteren bakteriellen Entzündung kommt. Von der Gabe von Corticosteroiden (z.B. Cortison) wird komplett abgeraten, da es keine Belege für eine Besserung der Symptome durch Corticosteroide gibt. Alle 123 Patienten konnten nach der Behandlung wieder aus der Klinik entlassen werden und sind wieder vollständig genesen.

Feuerspucken mit Lycopodium clavatum (Bärlapp-Sporen)

Eine in Deutschland beliebte Alternative zum Feuerspucken mit Fluids ist die Verwendung von Lycopodium clavatum Sporen (Keulen-Bärlapp; Abkürzung: Lyco). Die dazugehörige Pflanze ist giftig (enthält Clavatine) und kommt in gemäßigten bis kalten Gebieten in Europa und Westasien vor (Roth et al., 1984). Berichte über die Bedeutung von Lycopodium als Heilmittel beziehen sich meist auf die Verwendung der Pflanze in der Homöopathie.

Die Sporen, die auch zum Feuerspucken verwendet werden, sind etwa 30µm (=0.03mm) im Durchmesser und haben wasserabweisende Eigenschaften. Rechts abgebildet ist eine mikroskopisch Aufnahme von zwei Lykopodium Sporen.
Dadurch, dass die Sporen als sehr feines Pulver vorliegen, wurden sie früher als Trennmittel in der Tablettenherstellung benutzt, was aber heute aufgrund der möglichen allergie-auslösenden Eigenschaften der Sporen nicht mehr gemacht wird. Lycopodium wird in der Kondomindustrie als Schutz vor dem Verkleben der Kondome verwendet und zwei medizinische Veröffentlichungen beschreiben ein erhöhtes Vorkommen von allergischen Reaktionen (auf Lycopodium) und Asthma bei den Fabrikmitarbeitern (Cullinan et al. 1993; Rask-Andersen et al. 2000).
Lyco wird entweder direkt aus dem Mund gespuckt oder aus einem Metallröhrchen (Drachenzunge) in eine Flamme geblasen. Alle folgenden Betrachtungen beziehen sich auf erstere Technik. Beim Feuerspucken mit Lyco besteht neben dem Allergierisiko die Gefahr, das Pulver einzuatmen. Ein einzelner Fallbericht in der medizinischen Fachliteratur  beschreibt einen Unfall durch Feuerspucken mit Lyco (Morresi-Hauf et al. 2009). Der Befund ergab eine „Granulomatöse Bronchiolitis“, was übersetzt heißt, dass der Patient eine Entzündung von kleineren Lungengängen (Bronchiolen) durch eine staubartige Substanz hatte. Das Problem der Ärzte in diesem Fall war die Kommunikation mit dem Patienten, der lange Zeit strikt verschwiegen hat, dass er mit Lyco Feuer gespuckt hatte. Letztendlich ist der Patient aber wieder ohne Folgeschäden komplett genesen. In unserer Umfrage haben 53% der Feuerspucker angegeben, Lycopodium direkt aus dem Mund zu spucken und weitere 15% gaben an, ausschließlich unter Verwendung von Drachenzungen Feuer zu spucken.

Umfrage - Risiken des Feuerspuckens

Die wissenschaftlich verfügbaren Daten beziehen sich ausschließlich auf Unfälle, bei denen eine stationäre medizinische Behandlung notwendig war. Informationen und Statistiken darüber, wie oft Unfälle beim Feuerspucken vorkommen und welche gesundheitlichen Probleme auftreten, sind (uns) bisher nicht bekannt. Um diese Fragestellungen zu adressieren haben wir eine Umfrage in der Feuer-Community gestartet.

Zur Methode

Die Umfrage wurde über soziale Medien und Internet-Foren in verschiedene Feuer-assoziierten Gruppen verbreitet und im Erhebungszeitraum vom 22.2.2017 bis zum 3.4.2017 wurden 170 Teilnahmen verzeichnet. Die Datenabfrage erfolgte ausschließlich über Google-Formulare und wurde anonym durchgeführt. Nach der Datenerhebung wurden die Rohdaten nach Microsoft Excel exportiert und dort weiter zusammengefasst und ausgewertet.

Wer hat teilgenommen?

Etwa ein Drittel der Teilnehmer entfielen jeweils auf die Altersgruppen 20-29 Jahre, 30-39 Jahre und älter als 40 Jahre. Nur 2% der Teilnehmer (4 Personen) waren zwischen 16 und 19 Jahre alt und von noch jüngeren Feuerspuckern konnte keine Teilnahme verzeichnet werden. Die meisten Teilnehmer sind männlich (71%) und spucken in beruflichem/nebenberuflichem Kontext (59%). Nur ein kleiner Teil der Teilnehmer hat gerade erst angefangen, Feuer zu spucken (seit weniger als einem Jahr; 4.5%), die meisten Teilnehmer spucken bereits seit über 10 Jahren (37%). Auf die Zeiträume 1-5 Jahre entfielen 32% der Stimmen und auf 6-10 Jahren 26% der Stimmen. In einer weiteren Frage wurde die Häufigkeit des Feuerspuckens abgefragt und dabei eine Mundfüllung Lycopodium oder Fluid als eine Zähleinheit gewertet. Ein großer Teil der Teilnehmer spuckt weniger als ein Mal pro Monat (38%), wobei hier auch die Personen mit eingeschlossen sind, die nicht mehr aktiv spucken (konnte aus den Kommentaren entnommen werden). 30% der Teilnehmer spucken 1-3 Mal pro Monat, 12% 4-10 Mal pro Monat und 16% 10-50 Mal pro Monat. 4.4% der Teilnehmer gaben an, mehr als 50 Mal im Monat zu spucken.

Womit spucken die Teilnehmer Feuer?

Hier kristallisieren sich drei große Gruppen heraus (Diagramm, siehe oben). Die meisten Teilnehmer unserer Umfrage benutzen gereinigtes Fluid auf Mineralölbasis (sogenanntes Pyrofluid; 64%) und an zweiter Stelle wird Lycopodium direkt aus dem Mund (53%) benutzt. An dritter Stelle steht Lampenöl aus Geschäften des täglichen Bedarfs (34%). Mehrfachnennungen waren möglich und aus den Daten geht hervor, dass ca. die Hälfte der Feuerspucker nicht nur ein Brennmittel benutzt sondern mehrere, z.B. Pyrofluid und Lyco. Die Teilnehmer hatten die Möglichkeit, falls „Sonstiges“ angekreuzt wurde, anzugeben, womit gespuckt wird. 11 Personen gaben dort an, mit Mehl zu spucken (6%) und 4 Personen benutzen Benzinderivate (Diesel/Biodiesel, E10).

Welche gesundheitlichen Probleme traten bei den teilnehmenden Feuerspuckern auf?

Hier gab es große Unterschiede zwischen den Brennmitteln Fluid und Lycopodium. Während nur 35% der Fluid-Spucker angegeben haben, bisher noch nie gesundheitliche Beschwerden nach dem Spucken bekommen zu haben, waren es bei den Lyco-Spuckern mit 60% deutlich mehr Personen ohne gesundheitliche Beschwerden (Anmerkung: „Beschwerden“ heißt hier noch nicht, dass es zu einem gesundheitlichen Schaden gekommen ist).
Während viele Feuerspucker bei Lycopodium kurzzeitige Probleme mit Husten bekamen (weniger als einen Tag lang; 37% = 41 Personen), trat dieses Problem bei Feuerspuckern mit Fluids weniger auf (15%), dafür kamen hier insbesondere Atembeschwerden (18%), Erbrechen und/oder Durchfall (28%) und leichte Verbrennungen (1. oder 2. Grades; 30%) deutlich häufiger als bei Lyco vor. Auch beim Spucken mit Lycopodium haben 10% der Feuerspucker bereits Erfahrungen mit leichten Verbrennungen gemacht. Starke Verbrennungen (3. und 4. Grades) und Fieber bei Fluids traten nur sehr selten auf und können bei der Teilnehmeranzahl nicht als repräsentativ betrachtet werden. Eine durch Lyco hervorgerufene Allergie gaben 3.5% der Lyco-Spucker an und längeres Husten kam bei Lyco-Spuckern ebenfalls sehr selten vor.
Wenn man die Teilnehmer betrachtet, die ausschließlich mit Lyco Feuerspucken (43 Personen) haben 49% dieser Teilnehmer Erfahrungen mit kurzeitigem Husten und 7% Erfahrungen mit Atembeschwerden gemacht. Ebenfalls 7 % der Teilnehmer gaben an leichte Verbrennungen erlitten zu haben und 2% (1 Person) berichteten über eine allergische Reaktion gegen Lyco.
Einige Teilnehmer, die mit Fluids spucken, berichteten in den Kommentarspalten über Probleme mit Zahnfleisch und Zähnen sowie Hautreizungen durch das Fluid.


Um die Schwere der Beschwerden besser abschätzen zu können, haben wir gefragt, ob die Teilnehmer schon einmal wegen Feuerspuckens zum Arzt (ambulant) oder ins Krankenhaus mussten und haben dazu abgefragt, ob mit Fluids oder Lyco gespuckt wird. Hier gaben 7% (8 Personen) der Fluid-Spucker an, dass sie bereits einmal einen Arzt nach dem Spucken aufsuchen mussten und 10% (11 Personen) mussten ins Krankenhaus. Bei den Lyco-Spuckern waren 2% (2 Personen) beim Arzt und 1% (1 Personen) im Krankenhaus. Von den Teilnehmern, die sich in ärztliche Behandlung begeben mussten, erhielten 19 Personen eine chemische Lungenentzündung (Lipid-Pneumonie) ohne Langzeitschäden als Diagnose. Alle 19 Personen spuckten mit Fluids oder verwendeten Fluids und andere Brennmittel (z.B. Lyco).



26% der Personen mit Arztbesuch/Krankenhausaufenthalt erhielten als Diagnose Verbrennungen und 19% eine Entzündung der Bronchiolen (Bronchiolitis). Mit etwa gleichen Anteilen wurde eine chemische Lungenentzündung mit Langzeitschäden, eine „Reizung der Atemwege ohne genauere Spezifikation“ oder Sonstiges diagnostiziert (je 11% = je 3 Personen).
Von den 43 Personen, die nicht mit Fluids, sondern ausschließlich mit Lycopodium (oder Mehl) spucken, musste kein Teilnehmer in ärztliche Behandlung. Die oben genannten drei Lyco-Spucker mit Arztbesuch/Krankenhausaufenthalt haben angegeben, auch andere Brennmittel zu verwenden und bekamen eine Bronchiolitis diagnostiziert. 
Als häufigste Unfallursachen wurden Wind (24.4%), versehentliches Einatmen (23.6%) und unvorhergesehene Störungen im Showablauf (21%) ausgewählt (Abb. 5). Als weitere Ursache für gesundheitliche Beschwerden wurde noch direkter Kontakt mit dem Brennmittel (11%) angegeben. Die Prozentwerte beziehen sich hier auf die ausgewählten Antworten außer „keine Angabe“. Aus den Kommentaren ging hervor, dass nicht ausreichendes Ausspülen von Fluids nach dem Spucken (chemische Lungenentzündung) und das Vorhandensein eines Bartes (Fluid läuft in den Bart, dieser wirkt als Docht und kann sich entzünden) ebenfalls zu Unfällen führen kann.



Diskussion

Das Feuerspucken diverse gesundheitliche Risiken birgt, sollte jedem, der das aktiv betreibt, klar sein. Was kann man aber jetzt aus dieser Umfrage und der Literatur-Recherche lernen? Zunächst einmal konnten wir keine Berichte über Todesfälle durch Feuerspucken, weder in der medizinischen Fachliteratur noch nach Anfrage beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ausfindig machen. Die meisten fachlich beschriebenen Unfälle gingen glimpflich aus und es liegen wenige Daten über Langzeitschäden der Lunge vor. Auch in unserer Umfrage haben nur drei Feuerspucker von 170 angegeben, durch das Feuerspucken bleibende Lungenschäden erhalten zu haben und drei weitere Personen erlitten schwere Verbrennungen, bei denen ärztliche Behandlung erforderlich war. Auf die Gesamtanzahl der Teilnehmer bezogen, sind das weniger als 4 % der Personen, die durch das Feuerspucken dauerhaft geschädigt wurden, obwohl ein Großteil der Teilnehmer seit mehreren Jahren Feuer spuckt und ein Großteil dies in beruflichem oder nebenberuflichem Kontext tut. Ob man das als zu riskant empfindet, das muss jeder für sich selbst entscheiden.

Nicht verschweigen sollte man auch das relativ hohe Risiko einer chemischen Lungenentzündung durch Fluids, die mit sehr starken Schmerzen einhergeht und oft im Krankenhaus behandelt werden muss. Bei 22 von 27 Teilnehmern (81%), die beim Arzt oder im Krankenhaus waren, wurde eine chemische Lungenentzündung diagnostiziert, davon hat bei 3 Teilnehmern die Lunge dauerhafte Schäden davongetragen. Einige Kommentare der Teilnehmer lassen darauf schließen, dass selbst wenn man wahrscheinlich ohne Langzeitschäden davonkommen wird, eine chemische Lungenentzündung etwas ist, was man niemandem wünschen mag (z.B. „Die Lungenentzündung war mit Abstand die schlimmste Krankheit, die ich jemals hatte.“). Auf der anderen Seite gab es auch mehrere Anmerkungen von Feuerspuckern die seit über 10 Jahren regelmäßig mit Fluids Feuer spucken und noch nie größere gesundheitliche Probleme bekommen haben („Ich spucke seit fast 40 Jahren mit Flüssigkeit, meine Frau im Sommer seit 30 Jahren (bisher niemals einen Unfall/Probleme)“. Das Unfallrisiko hängt natürlich auch sehr damit zusammen, mit welcher Technik man spuckt, welche Sicherheitsvorkehrungen man trifft und in welchem Kontext das Spucken stattfindet (z.B. gebuchte Show versus betrunken auf einer Party). Dies im Detail aufzuschlüsseln hätte den Umfang dieser Umfrage und deren Auswertung gesprengt, deshalb kann hier nicht weiter darauf eingegangen werden.

Verbrennungen kommen sowohl beim Spucken mit Fluids, als auch beim Spucken mit Lyco relativ häufig vor und sollten demnach vor allem bei Workshops und Anleitungen thematisiert werden.
Insgesamt konnten wir feststellen, dass beim Spucken mit Lyco weniger gesundheitliche Beschwerden auftraten als bei Fluids, was sich auch mit der Selbsteinschätzung der Feuerspucker deckt.
Trotzdem gibt es auch bei den Lyco-Spuckern Unfälle durch Einatmen und Verbrennungen, die ärztlich behandelt werden mussten. Weitere 5 Personen gaben an, dass das Spucken mit Lyco allergische Reaktionen bei ihnen hervorgerufen hat, wobei alle 5 Personen bereits länger als 5 Jahre Feuer spucken. Vor allem Menschen, die zu Allergien neigen, sollten erst einmal vorsichtig testen, ob sie nicht schon von vornherein gegen Lyco allergisch sind, bevor sie eine ganze Ladung voll in den Mund nehmen. 

Generell möchten wir darauf hinweisen, dass diese Umfrage nicht im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit erstellt wurde und damit auch nicht den Anspruch hat, entsprechenden Kriterien (zum Beispiel für Publikation in einem medizinischen Fachjournal) zu genügen. Wir sind uns bewusst, dass wir nur einen bestimmten Personenkreis mit dieser Umfrage erreichen konnten (Internet-affine Personen, die z.B. auf Facebook aktiv sind) und diese Umfrage damit nicht 100% der Feuerspucker repräsentiert. Auch könnte es zu einer Verzerrung der Antworten gekommen sein, da z.B. diejenigen Feuerspucker ein hohes Interesse am Ausfüllen der Umfrage haben, die bereits Erfahrungen mit gesundheitlichen Problemen beim Spucken gemacht haben. Auf der anderen Seite haben sich Feuerspucker, die einen schweren Feuerspuckunfall hatten, eventuell komplett aus der Szene zurückgezogen und sind daher ebenfalls nicht mehr zu erreichen (ebenso wie eventuelle Todesopfer).

In der Zwischenzeit haben wir die Umfrage auch im englischsprachigen Raum auf den Weg gebracht und haben bisher 69 Rückmeldungen bekommen. Interessanterweise ist Lyco außerhalb des europäischen Raumes kaum bekannt. Nur 9% der Feuerspucker gaben an, Lyco zu verwenden im Vergleich zu den 53% in der deutschsprachigen Umfrage. Die Angaben zum Feuerspucken mit Fluids bezüglich Beschwerden, Unfallhäufigkeiten und Ursachen waren in etwa mit denen der deutschen Community vergleichbar.

Wir hoffen, wir konnten euch mit unserer Datenerhebung einige Informationen an die Hand geben, um in Zukunft Risiken besser abschätzen zu können und dass wir etwas Licht ins statistische Dunkel rund um das Thema Feuerspucken bringen konnten.
Auf diesem Wege noch mal einen lieben Dank an alle Teilnehmer für das Ausfüllen!

Bei Rückfragen: dr.zimmermann(ÄT)feuerpaedagogik-ev.de

Zur Autorin: Dr. Jana Zimmermann, Jahrgang 1982, hat 2002 an der Uni Bielefeld neben dem Biochemie-Studium mit Feuerjonglage und Feuerspucken angefangen und erforscht zur Zeit als promovierte Wissenschaftlerin (Uniklinik Münster, Institut für physiologische Chemie und Pathobiochemie), wie Immunzellen z.B. bei Entzündungen die Blutgefäße verlassen. Sie ist seit 2016 aktives Mitglied im Feuerpädagogik e.V..



Literatur

Cullinan, P, J Cannon, D Sheril, and A Newman Taylor. 1993. “Asthma Following Occupational Exposure to Lycopodium Clavatum in Condom Manufacturers.” Thorax 48(7): 774–75.

Franzen, Daniel et al. 2014. “Fire Eater’s Lung: Retrospective Analysis of 123 Cases Reported to a National Poison Center.” Respiration 87(2): 98–104.

Hahn, A. et al. 2006. Ärztliche Mitteilungen Bei Vergiftungen 2009.

Morresi-Hauf, A., A. Neher, W. Wöckel, and H. Kammler-Baumann. 2009. “Granulomatöse Bronchiolitis Nach Aspiration von Lycopodium-Sporen Bei Einem Feuerspucker.” Pneumologie 63(2): 67–71.

Rask-Andersen, a et al. 2000. “Asthma, Skin Symptoms, and Allergy in a Condom Factory.” Allergy 55(9): 836–41.

Załęska, Jolanta et al. 2016. “Fire-Eater’s Lung.” Advances in respiratory medicine 84(6): 337–41.
Roth, Daunderer, Kormann 1984. “Giftpflanzen, Pflanzengifte”, 2. Auflage, Seite 3-5.